Landschaft Norwegen
4. Juli, 2021

YOU DO YOU - I DO ME

You do you. I do me. Auf den ersten Blick mag das arrogant oder gar ignorant wirken, so nach dem Motto „Ist mir doch egal, was du machst, was du denkst oder was du willst. Ich mach mein Ding. Du kannst machen, was du willst.“ Aber so ist das gar nicht gemeint und ich hoffe, in ein paar Minuten, wenn ihr am Ende dieses Beitrags angekommen seid, versteht ihr mich ein bisschen besser. Für mich bedeutet you do you, I do me nämlich quasi genau das Gegenteil. Du kannst machen, was du willst. Und ich kann machen, was ich will. Und wir können uns dabei unterstützen, uns gegenseitig helfen, aber vor allem können wir die Entscheidung der Anderen akzeptieren und respektieren. Was für den einen richtig ist, muss für den anderen nicht zwangsläufig auch das Richtige sein. Der eine liebt Alltag und Routinen, der andere braucht Abwechslung. Die eine liebt es, zu reisen und neue Länder kennenzulernen, der andere hält es kaum länger als zwei Tage fort von zuhause aus. Der eine liebt Kinder und hätte am liebsten sofort selbst welche, während der andere sich nichts Schlimmeres vorstellen könnte und damit nur Windelwechseln, Geschrei und Erschöpfung verbindet. Die eine will Karriere machen, die andere will lieber Zeit haben.

 

Ich könnte noch ewig so weitermachen, aber ich glaube, es ist klar, worauf ich hinauswill: Auf unserem Planeten leben im Moment knapp acht Milliarden Menschen. Acht Milliarden. Das ist eine unheimlich große Zahl. Und genauso groß ist auch die Vielfalt derer, die sie repräsentiert. Ihre Geschichten, ihre Wünsche, ihre Ängste, ihre Talente, ihre Träume, ihre Ziele, ihre Sprachen, ihre Kulturen, ihre Fähigkeiten – alles unterschiedlich. Und das ist doch auch das Schöne, oder? Diese Vielfalt. Denn diese Vielfalt ist der Grund für unseren Fortschritt und unsere Entwicklung. Ohne diese Vielfalt wäre es unmöglich für uns, neue Impulse und neue Ideen zu bekommen. Wenn statt acht Milliarden unterschiedlichen Individuen, mit unterschiedlichen Interessen, Wünschen und Ideen, acht Milliarden geklonte Versionen von mir selbst rumrennen würden, wäre das nicht nur unendlich langweilig, sondern vor allem auch einfach der Innovationskiller überhaupt.

 

Wahrscheinlich hätten meine acht Milliarden Klone und ich immer noch kein elektrisches Licht, kein fließendes Wasser und wahrscheinlich nicht mal das Rad erfunden. Wir würden immer nur das machen, was man halt so macht: Uka Uka schreiend und uns wild auf die Brust trommelnd und nackt bis auf einen Fellfetzen in einer Höhle sitzen. Einfach, weil es alle anderen um uns herum schon immer so machen. Und sich keiner jemals getraut hat, gegen den Strom zu schwimmen, etwas Neues zu versuchen. Auf die Gefahr hin, ausgelacht oder in unserem Fall aus der Höhle verbannt zu werden. Klar, ich hab das jetzt auf eine lächerliche Ebene gezogen, aber so absurd ist das Ganze nicht. Denn auch in unserer vermeintlich so offenen und innovativen Welt voller Ideen und voller Gegensätze leben wir doch alle in einer Bubble. Einer Bubble der Gleichheit.

 

Mein Freundeskreis ist beispielsweise ohne Ausnahme weiß, aus der Mittelschicht, Akademiker und mindestens zweisprachig. Das verleitet dann dazu, seine Realität als einzige Realität anzusehen, sprich also davon auszugehen, dass jeder Mensch, zumindest in Deutschland, mindestens 50k im Jahr verdient, in einer Wohnung in München lebt, im Büro arbeitet und in seinem Urlaub gerne verreist. Dem ist aber nicht so. Und selbst diejenigen, die auf den ersten Blick gleich wirken, also unser Paradebeispiel der weißen, zweisprachigen Akademiker, selbst diese Gruppe ist alles andere als homogen. Das fängt schon bei der Ernährung an: Manche ernähren sich vegan, wiederum andere vegetarisch und dann gibt es auch noch die Fleischesser. Alle weiß, alle Akademiker und alle zweisprachig. Aber trotzdem nicht alle vegan. Oder alle Fleischesser. Oder nehmen wir Sport: Ein paar meiner Freunde praktizieren jeden Tag mindestens einmal Yoga. Andere gehen laufen. Andere Fahrrad fahren. Und andere machen am liebsten keins davon.

 

Und dann gibt es ja noch Beziehungen. Oder Karrieren. Oder Familien. Oder Körper. Gesichter. Es gibt so verdammt viele Bereiche unseres Lebens, in denen wir es schaffen, uns zu vergleichen. In denen uns eingeredet wird, es gibt den richtigen Weg, das erstrebenswerte Ideal, den heiligen Gral, und wenn man den gefunden hat, wenn man endlich dazu gehört und so ist wie die anderen, dann ist man endlich glücklich. Denn letztlich ist das doch das Einzige, was irgendjemand von uns will, oder? Wie wir dieses Glücklichsein erreichen, da gehen die Ansätze und Herangehensweisen auseinander. Manche setzen alles auf die Karte „Geld“, andere auf „Freiheit“, andere auf „Familie“, andere auf die „Karriere“-Karte und andere auf die „Immer für alle da“-Karte. Aber weil wir nun mal alle Herdentiere sind und uns alle dazugehörig fühlen wollen ist es auch völlig normal, dass wir uns vergleichen und versuchen, erprobte Taktiken, Strategien und Wege selbst anzuwenden. Das kann auch manchmal gut gehen, sonst wären Selbsthilfe-Bücher nicht so erfolgreich, aber ich finde wir alle sollten uns hin und wieder einfach bewusst machen, dass es komplett schwachsinnig ist, sich zu vergleichen. Denn wie gesagt: Wir sind alle so unterschiedlich. Es gibt nicht den einen Weg zum Glück und auch nicht zum Erfolg.

 

Und es gibt auch kein richtiges oder falsches Timing, keine Deadline, keine Timeline, anhand derer genau vorbestimmt wird, welches wichtige Event in deinem Leben wann passiert sein muss. Keine Tickbox, die du Jahr für Jahr und Schritt für Schritt abhaken kannst. Wer sagt, dass du mit 21 deinen Bachelor haben musst? Und mit 23 deinen Master und nebenbei schon 3 Jahre Berufserfahrung. Wer sagt, dass du spätestens mit 30 den Mann deines Lebens kennengelernt haben musst? Und wer sagt überhaupt, dass es diesen Mann gibt? Vielleicht gibt es für dich ja auch 3 oder 4 oder gar keinen? Wer sagt, dass man nach dem Studium so schnell wie nur irgendwie möglich einen Job finden muss, der einen nicht nur unglaublich glücklich macht, sondern natürlich nebenbei auch noch hammermäßig gut bezahlt wird? Wer sagt einem, dass es nicht okay ist, erstmal reisen zu gehen? Und wer sagt, dass es auf gar keinen Fall und wirklich überhaupt nicht okay ist, wenn du dich umentscheidest? Wenn du nicht den Weg gehst, den du mal gelaufen bist, der sich aber immer wackliger, steiniger und gleichzeitig wie der Holzweg anfühlt, den du am besten sofort verlassen solltest? Wer zur Hölle sagt uns denn die ganze Zeit, was sich gehört und was nicht? Wer sagt uns, was wir wann erreicht haben sollten? Wer sagt uns, ab wann wir stolz auf uns selbst sein dürfen? Und vor allem, warum, warum, warum, glauben wir immer noch, dass es diesen einen Pfad gibt, die eine Richtung, die für uns alle die richtige ist? Wie können wir immer noch der zutiefst vermessenen Annahme folgen, dass für die 8 Milliarden Menschen, die wir mittlerweile auf diesem wunderschönen Planeten sind, ein einziger Weg, der richtige sein soll? Und außerdem: Was wollen wir überhaupt auf dem richtigen Weg?

 

An dieser Stelle möchte ich meine Mama zitieren, die es manchmal schafft, mit simplen Worten alles wieder ins richtige Licht zu rücken. Und zwar sagte sie, als ich mal wieder meinen eigenen Ratschlägen zum Trotz alles in Frage gestellt habe, meinen bisherigen Weg und voller Sorge anstatt Vorfreude der Zukunft entgegenblickt habe, Folgendes zu mir: „Das Leben verläuft nicht immer gerade. Manchmal tauchen Kurven auf. Manchmal wird der Berg steiler. Und manchmal musst du vielleicht sogar ein paar Schritte zurückgehen, um wieder klarer sehen zu können. Aber am Ende wirst du ankommen. Und zwar bei dir selbst, denn der Weg ist das Ziel.“ Ein gerader Weg wäre also vor allem eins: Gerade. Und gerade ist genau das, wonach es sich anhört. Todlangweilig.

 

Es ist okay, länger zu brauchen, als die anderen (wobei ich mir hier wieder die Frage stelle, womit länger zu brauchen eigentlich? Es ist halt nach wie vor kein Wettrennen und nach wie vor gibt es kein Ziel, das man auf Biegen und Brechen erreichen muss. Alles, was man tun muss, ist jeden Tag so zu leben, dass man abends zufrieden ins Bett gehen kann). Es ist okay, sich umzuentscheiden, den Weg zu wechseln, vom Weg abzukommen und wieder zurückzufinden. Es ist okay, anders zu sein. Es ist okay, wenn deine Wünsche und Träume nicht die Wünsche und Träume der Leute um dich herum sind. Es ist aber genauso okay, wenn deine Wünsche und Träume sich mit den Wünschen der Leute um dich herum decken. „Anders“ zu sein macht dich nicht weniger wert. Es macht dich aber genauso weniger wert, „nicht anders“ zu sein.

 

Wenn du tief in dich hineinhörst, dann wirst du merken, dass du schon lange weißt, was du brauchst. Du warst nur zu sehr damit beschäftigt, zu schauen, was die anderen haben und daraus deine Bedürfnisse abzuleiten. Und natürlich hast du dich nicht mit Leuten, bei denen alles ein Scherbenhaufen ist verglichen, und im Gegensatz zu deren Leben alles paletti bei dir ist, sondern nur mit irgendwelchen Überfliegern, die weder Schlaf noch Nahrung oder Wasser zu brauchen scheinen und schon seit sie ca. 5 waren und du noch mit Lego irgendwelche Türme gebaut hast, genau wussten, dass sie exakt den Job machen wollen, den sie jetzt machen. Aber ich hab Neuigkeiten: Das Leben ist kein Wettkampf.

 

Und es gibt auch nichts zu gewinnen. Zu verlieren aber schon. Und zwar die Möglichkeit, glücklich zu sein. Die Möglichkeit, das mit seinem Leben anzustellen, was vielleicht weniger glanzvoll und weniger beneidenswert aussehen mag von außen, sich aber von innen tausendprozentig gut anfühlt. Was passiert wohl, wenn wir all die Energie, die wir sonst mit Grübeln und Zerdenken verbringen, zur Abwechslung mal darein stecken, wo es einen Mehrwert bringt? Nämlich in Akzeptanz. Akzeptanz für dein Leben. Für deine Situation. Auch und vor allem wenn es nicht so geworden ist, wie du es dir vor zehn Jahren vielleicht vorgestellt hast. Du bist kein Versager, wenn du mit Mitte 20 noch keinen Masterabschluss hast. Du bist kein Loser, wenn du nicht die krasse Karriere mit 70-Stunden-Wochen und permanenter Erreichbarkeit auch im Urlaub wählst. Du bist nicht „zu langsam“, wenn du vor deinem 25. Geburtstag nicht deinen Traumjob hast oder sogar gar keinen haben willst und erstmal deinen Rucksack packst und auf Reise gehst. Du bist nicht falsch, nur weil du anders bist. Du bist nicht faul, nur weil du gerne ein Buch in der Sonne liest und es genießt, die Seele baumeln zu lassen. Du bist kein Arbeitstier, der außer seinem Job nichts im Leben hat, nur, weil du gerne und viel arbeitest. Solange es sich für dich richtig anfühlt, solange dein Bauchgefühl passt, solange passt alles. Weniger denken, mehr leben. Weniger zweifeln, mehr vertrauen. Weniger vergleichen, mehr sein lassen. Mehr you do you, I do me.

 

Willkommen bei  You do you, I do me

Ich bin Rebecca, und das hier ist meine persönliche Spielwiese, auf der ich meine Gedanken freien Lauf lassen kann. Wie der Name schon sagt, bin ich großer Fan davon, einfach das zu machen, was man möchte, egal, was andere dazu sagen. Dazu möche ich auch euch ermutigen 

Ihr findet hier ganz persönliche Reiseberichte, Tipps und Tricks, Geschichten und Erfahrungen aus meinen Zwanzigern, gespickt mit ein paar philosophischen Ausflügen. 

Viel Spaß beim Stöbern und inspirieren lassen!

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